Feinde des Feminismus

Gibt es einen Feminismus, der auf den Gedanken basiert, dass Frauen und Männer nicht gleich sind? Nein. Dass es biologische Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt, spielt keine Rolle, wir sind alle gleich, ja Menschen sind alle gleichwertig.
Ich kenne Feminismus aus der Türkei der 80er Jahre. Man stellte den Islam und seine frauenfeindlichen Dogmen und Geschlechterrollen, sowie die Moralvorstellungen, die sich an der Sexualität der Frau orientierten, in Frage. Das machen Feministinnen in der Türkei immer noch. Ich dachte damals, dass mit der Zeit, viele Lebensformen, die in europäischen Ländern selbstverständlich waren, auch in der Türkei als akzeptierte Lebensformen gelten würden und dass sich die Gesellschaft in diese Richtung fortschreiten würde. Ich hatte die möglichen Entwicklungen auf der politischen Ebene und Zynismus der Menschen nicht berücksichtigt. Naja, ich war damals noch ein Kind. Aber ein wichtiger Punkt, den man sich merken sollte, ist Folgender: die feministische Kritik am Islam entstand nicht in europäischen oder in nicht-moslemischen Ländern, sondern mitten in moslemischen Gesellschaften, als Reaktion auf die als ungerecht empfundenen Einstellungen und Erwartungen sowie aufgezwungenen Denk- und Lebensweisen dieser Gesellschaften.
Wenn ich heute diese selbstbewussten, gebildeten und emanzipierten Kopftuchträgerinnen, die sich selbst als Feministinnen bezeichnen, in den österreichischen und deutschen Medien sehe und ihre Statements über Islamophobie und Rassismus höre oder lese, merke ich eins, es geht diesen Frauen nicht um Feminismus, Frauenrechte oder Gleichberechtigung. Denn sonst müssten sie als Feministinnen alle gesellschaftlichen Strukturen und Werte kritisch analysieren, nach frauenfeindlichen Elementen suchen und sich dafür einsetzen, diese Elemente zu beseitigen. Das tun sie aber nicht, stattdessen werfen sie allen Rassismus und Islamophobie vor, die auf frauenfeindliche Elemente im Islam und in moslemischen Gemeinschaften zeigen und diese kritisieren. Wenn man sich für Feminismus entscheidet, dann muss man bereit sein, Grenzen zu überschreiten und jede Frauenfeindlichkeit zu bekämpfen. Wenn man es nicht hinterfragt, warum Mohammed so viele Frauen hatte und ob eine von ihnen tatsächlich ein Kind war, warum Frauen nicht neben Männer stehen bzw. sitzen dürfen, wenn sie in der Moschee beten oder warum es keine weiblichen Imame gibt oder wieso IGGÖ einen Präsidenten hat und keine Präsidentin, sowie keine weiblichen Vorsitzende in islamischen Glaubensgemeinden gibt, dann ist man keine Feministin. Man bzw. Frau ist zwar selbstbewusste, emanzipierte und gebildete Moslemin, aber keine Feministin.
Ich erwarte von Mosleminnen nicht, dass sie ihren Glauben bzw. Islam in Frage stellen. Aber wenn sie sich als Feministinnen bezeichnen, dann müssen sie diese Dinge hinterfragen und unangenehme Fragen stellen, die auch dazu führen können, dass sie ihren Glauben verlieren. Die frauenfeindlichen und männerpräferierenden Dogmen und Strukturen in der Gesellschaft basieren auf Werte und Geschlechterrollen, die von Religionen vermittelt werden. Deshalb muss Feminismus Religionen analysieren und auf ihre Frauenfeindlichkeit zeigen. Feminismus bedeutet auch, dass wir die Denkweisen anzweifeln, die uns von unseren Familien und Gesellschaften übertragen worden sind, in denen wir aufgewachsen sind. Diskriminierungen, Demütigungen ansprechen ist OK. Das ist auch notwendig, wenn wir uns in Richtung einer gerechten Welt weiterentwickeln wollen. Was aber nicht in Ordnung ist, Menschen Rassismus und Islamophobie vorzuwerfen, wenn sie Islam kritisieren und Muslime, die nicht so denken wie man selbst, als „Hausmuslime“ zu bezeichnen.
Wer andersdenkende Muslime „Hausmuslime“ nennt, zeigt dass er/sie selbst einen Standard aufstellt und Abweichungen von diesem Standard nicht akzeptiert. Und das ist Doppelmoral, das ist auch Diskriminierung. Die Original-Form dieses Begriffs lautet „Hausnigger“. Mir ist die Bedeutung des Wortes „Hausnigger“ und auch, dass manche schwarze Menschen dieses Wort benutzen, bewusst. Dennoch sehe ich dieses Wort und dessen geänderte, in den Kontext der in Österreich und in anderen europäischen Ländern lebenden Moslems angepasste Form, in erster Linie als eine große Beleidigung für Menschen, die damals als Sklaven leben mussten: weil diese Menschen keine Wahl hatten. Sie hatten sich dieses Leben nicht selbst ausgesucht, sie hatten keine Alternativen, sie durften nicht zwischen Feldarbeit und Hausarbeit wählen. Auch das haben die Sklavenhalter für sie entschieden. Und ich frage mich, wie kann man nur so selbstbewusst und anscheinend intelligent sein und dennoch nicht merken, dass man mit der Benutzung dieses Wortes, vor allem Menschen beleidigt, die es nicht verdienen, so beleidigt zu werden, nämlich die Schwarzen, die damals als Sklaven gelebt haben.
Feministinnen, die Frauenfeindlichkeiten in allen unterschiedlichen Gesellschaften aufdecken, arrogant zu bezeichnen, sie als „weiße“ Feministinnen zu bezeichnen und sie so in eine Kategorie zu stecken, soll Kampf gegen Rassismus sein? Das soll Feminismus sein? Das ist die neue Maske der Feinde des Feminismus. Diese Maske wird von Frauen getragen, die eine wichtige Funktion in frauenfeindlichen Gesellschaften erfüllen: Verbreitung und Etablierung der frauenfeindlichen Werte und Moralvorstellungen der Religionen, die von Männern für Männer erschaffen worden sind.
Wer die Kritik des Feminismus am Islam als Rassismus und Islamophobie darstellt, ist ein Feind des Feminismus und der Bestrebungen für Gleichberechtigung sowie des Kampfes gegen Frauenfeindlichkeit. Diese Kritik ist weder weiß noch schwarz. Suchen, Finden und im Idealfall Zerstörung der frauenfeindlichen Elemente und Strukturen in der Gesellschaft, im Glauben und in unseren Denkweisen sind wichtige Aufgaben des Feminismus. Wer dieses Prinzip nicht verstanden hat, ist keine Feministin.

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